Kategorie: Innenarchitektur, Reiseberichte, Slideshow, Tipps

Das Chalet. Schön und reich und immer gleich.

Warum lassen sich so viele Liebhaber des Alpenraumes in Chalets nieder? Sind sie wirklich der Inbegriff von stilvoller Gemütlichkeit und was macht diese eigentlich aus? Schauen wir kurz zurück und dann weit hinauf in den Norden, auf eine Spurensuche nach der Gemütlichkeit eines wunderschönen, vorweihnachtlichen Winters.

Junge englische Adelige, die als erste die Gipfel der Schweizer Berge erklommen haben, haben ihre Vorstellung vom elitären Wohnen mitgebracht – in die einfachen Gehöfte und Schutzhütten. Der Chalet-Stil ist also eher ein zufälliges Kind zwischen einer hölzernen Schweizer Kargheit und der herrschaftlichen Noblesse eines englischen Landsitzes. Zu uns nach Tirol kam dieser Stil erst vor einigen Jahrzehnten und wird noch heute verlangt und kultiviert von Menschen, die nicht das ganze Jahr in Tirol wohnen. Für einen kurzen Zeitraum müssen Schönheit und Schroffheit der Tiroler Landschaft von draußen ganz kompakt und oft zur Karikatur verzimmert auch im Innenraum stattfinden – ein ganzes Jahr auf wenige Wochen verdichtet.

Nichts an Komfort oder erfahrenen Annehmlichkeiten aus den eigenen Häusern und Wohnungen großer, ferner Städte darf fehlen. Der alles verbindende „Zuckerguss“ sind raumhohe und endlose Altholz-Täfelungen, die in ihrem ersten Leben als Wände einer Huftierstallung dienten. Der so gestaltete Innenraum spiegelt viel weniger die eigene Persönlichkeit wider als vielmehr die unmittelbare Umgebung und, obwohl es viele verschiedene Größen gibt, ähneln sich die Ausstrahlungen wirklich zu sehr.

Höchste Zeit, sich anzuschauen, ob Stil und Gemütlichkeit auch ohne zerrissene Holzbalken funktionieren und wie man Umgebung und viel von der eigenen Persönlichkeit in eine Raumatmosphäre mischt. Ist der Chalet-Stil wirklich nur für die Reichen und Schönen und was lässt sich trotz vieler Aversionen aus diesem lernen? Eine Entdeckungsreise ganz abseits alpiner Landstriche.

Der wichtige Blick von außen

Szenenwechsel nach Dänemark. Auf nach Kopenhagen, hinein ins Herz der Möbelkunst vergangener Jahrzehnte. 1400 Bahnkilometer liegen vor mir, nur leider ist die Deutsche Bahn nicht von der Qualität eines skandinavischen Sessels.

In Hamburg ist bis zum nächsten Tag erst einmal Schluss. Die so geschenkte Zeit führt mich hier in die angesagten Einrichtungsstudios und trendigen Wohnboutiquen, die so wie in vielen anderen Städten messerscharf „gebrandete“ Wohnstile zeigen. Zu stylish, zu entmenschlicht, zu seelenlos. Einrichtungen solcher Art sind kosmopolitisch und mit dem Besen der Repräsentation von aller Gemütlichkeit befreit. Das geht besser. In freudiger Erwartung geht die Reise endlich weiter. Je weiter nach Norden, desto dänischer, und auf einmal ist sie da: eine froh-freundliche, rotblonde Schaffnerin, die in reinstem Hochdeutsch ihrer Kontrollpflicht lächelnd nachkommt – untrüglicher Beweis, im Land des hohen Möbelanspruchs angekommen zu sein. Am Meer ist die Nachbarschaft vielfältig. Das Formale ist sichtbar beeinflusst vom ständigen Austausch, Handwerk und Qualitätsanspruch sind tief verwurzelt in engen Traditionen.

Stuben-Feeling auf nordisch

Und da zeigen sie sich, die erstaunlichen Parallelen zu unseren alpinen Wohnvorstellungen. Einzelmöbel sind einer ausgefuchst-geschickten Detailverliebtheit unterworfen, die die Möbel nicht nur schön, sondern auch über ein Leben hinaus benutzbar macht. Jede Verbindung ist auf immerwährenden Halt konstruiert und befreit von jedem Glanz und Luxus, von jedem Schein und jeder Dekoration, strahlt in protestantischer Authentizität. Mehr eine Notwendigkeit als eine akademische Überlegung. Wo die Winter lang und die Wege weit sind, verlangt es nach Dingen, die etwas „taugen“. Möbel, Textilien und Dekorationen schaffen einen Innenraum, der sich sanft an seine Bewohner zu schmiegen scheint. Farb- und Materialstil sind warmherzig, unaufdringlich, gemütlich, praktisch. Es geht weniger um Status als um das Gefühl von Geborgenheit.

Gerade diese Atmosphäre schaffen die vertäfelten, alles ummantelnden Wände und schmucke Textilien. Material und Farbe der Wände vermitteln spielerisch eine fröhliche, lockere Gemütlichkeit. Einzelmöbel – meist als Sessel oder Sideboard – dröhnen phantastisch im Raum, fast moralisierend zur absoluten Qualität mahnend. Und diese Vielzahl an Leuchten – nirgends wichtiger als hier, wo es das halbe Jahr dunkel ist – sie lieben die „Artischocke“ oder die „Globe“ von Verpan als letzte Reste der wilden 60er und 70er Jahre mit ihren schreiend bunten Farben und Mustern – bis auf diese wenigen Zitate heute zur erheiternden Erinnerung verblichen.

Alle Wege führen…wohin eigentlich?

Der Weg nach Hause wird zur Odyssee. Der Zug wird angehalten, muss wieder zurück, bleibt auf der Strecke liegen. Unsere Anschlusszüge sind dann schon über alle Berge, lange nach Mitternacht erreichen wir mit einem Auto unser Zuhause. Die Richtung hat gestimmt, das Ziel wäre aber schneller und bequemer erreichbar gewesen. Während die Fahrgäste ruhig und das Personal im Zug äußerst freundlich bleiben, entschwinden meine Gedanken zurück zum perfekten Raum.

Ist der Wunsch nach schönem Wohnen für manche nicht eine ähnliche Irrfahrt? Kann und will ich mir das oder jenes leisten? Wie geht schön und herzeigbar, wie schaffe ich es, meine Persönlichkeit in die Wohnung zu bringen? Ist meine Wohnung, mein Haus nicht viel zu klein für den großen Wohntraum? Ein hoher Stil und absolute Gemütlichkeit sind nicht an Größe oder Altholz geknüpft. Was Skandinavien lehrt, ist eine Abkehr von diesem „additiven“ Wohnen – die willkürliche Zusammenstellung auch noch so schöner Dinge. Und wie der Schnee im Winter so traumhaft gleichmäßig eine Verbindung schafft, ist in den Wohnungen und Häusern ein durchlaufendes Material an Boden und Wänden so wichtig. Die geriffelte Wandvertäfelung startet zum Beispiel als Front bei den Hochschränken in der Küche und zieht sich als Wandvertäfelung ins offene Wohnzimmer, wird am Eingang zur verbauten Garderobe.

Das persönliche Chalet

Hier schließt sich der Kreis zum ursprünglichen Gedanken der Schutzhütte. Selbst eine kleine, offene Wohnung wird mit bestimmten Stilmitteln zur Schutzzone, gibt einer farblich mit allen Textilien abgestimmten Kuschel-Couch und Hochflor-Teppichen den formalen Rahmen. Eine Wohnung ist dann eingerichtet, anstatt additiv möbliert. Aus Beliebigkeit, aus Zufall oder Spontankäufen wird ein persönlicher Stil. Betrachtet man den Chalet-Look mehr als Philosophie denn als Einrichtungsstil, wird die Sehnsucht danach schnell schlüssig und zu einer Idee, die sich auf praktisch jeden Wohnraum übertragen lässt. Ganz sicher kann das mehr oder weniger jeder selbst. Für den Innenarchitekten ist es aber sein Beruf – er kann mehr. Im besten Falle zieht er die Vorstellung der Bewohner viel weiter hinauf in Stil und Schönheit: die Wohnung wird zum besten Bild von uns selbst. 

Mein Tipp: 

Gerne zeige ich Ihnen ganz persönlich, wie aus Ihrer Wohnung ein persönliches Chalet wird. Bei einem einzelnen Beratungstermin oder beim Wetscher Neujahrsempfang am 27. Januar.

Und wenn Sie wissen wollen, was in Ihnen wohnt, gibt es hier eine unverbindliche Wohnstilberatung: www.wohlstilberatung.at