Im Rahmen unserer Serie „Die Menschen hinter den Möbeln“ habe ich Piero Lissoni in seiner Funktion als neuer Art Director von B&B Italia in Mailand besucht. Auf einen Espresso und eine ebenso kurzweilige wie spannende Unterhaltung.
Über 9000 Kilometer Küste hätte Italien, erzählt Piero Lissoni. Entlang dieser gesamten Küstenlinie wird Fischsuppe gekocht, mit mehr oder weniger denselben Zutaten – von San Remo bis Forte dei Marmi, von wo Lissonis Frau abstammt, bis hinunter nach Sizilien und auf der adriatischen Seite wieder hoch nach Norden. Und wirklich überall würde diese Suppe anders schmecken und regionale Besonderheiten aufweisen. Dabei sei man an jedem einzelnen Ort davon überzeugt, die jeweils beste Fischsuppe zu kochen. Nicht nur die beste Fischsuppe Italiens – vielmehr die beste der Welt.
Ist es das? Diese fast wahnsinnige Leidenschaft, mit feinsten Differenzierungen als Bester hervorzustechen? Diese Liebe, sich im Detail zu verlieren, um daraus etwas ganz Neues zu schaffen? Meine Hand streicht über einen sauber verarbeiteten Keder an der Polsterkante von Lissonis neuem Outdoor Sofa. Gestikulierend Achtung für mein Kompliment zeigend, erwidert Lissoni mit dem smarten Lächeln des Siegers: siamo Italiani, wir können das gar nicht anders. Das ist es: eines der Rezepte für den weltweit unschlagbaren Erfolg italienischen Möbeldesigns.
„Einfach zu sein ist sehr kompliziert.“
Die Essenz des Daseins, auf den Punkt gebracht von Piero Lissoni – Jahrgang 1956, Grand Seigneur italienischen Designs, Architekt, Alleskönner, Tausendsassa. Seine immense Produktivität hat die Welt um zahlreiche Bauten, Einrichtungs- und Gebrauchsgegenstände bereichert und nach einem Gespräch mit dem elegant und leise auftretenden Kosmopoliten Lissoni weiß man: ein kreatives Ende ist noch lange nicht in Sicht. Sein Werksverzeichnis umfasst spektakuläre private und öffentliche Architekturprojekte quer über alle Kontinente, feinsinnige Innenraum- und Ausstellungsgestaltung sowie natürlich ein beachtliches und vielfältiges Portfolio im Bereich Produktdesign: Seit vielen Jahren prägt er als federführender Designer und Art Director die Kollektionen einiger der ganz großen Premiumhersteller. Ungewöhnlich daran ist, dass er dies für mehrere Marken parallel macht. Sein vielschichtiger Schöpfergeist und seine einnehmende Persönlichkeit lassen das zu. 2021 wurde er dafür von Architektur & Wohnen mit dem Titel „Designer des Jahres“ ausgezeichnet.
Einfach nur schön?
Was Lissoni kokett mit einem Augenzwinkern versieht, nimmt aus meiner Sicht Referenz auf ein immerwährendes Faszinosum: die selbstverständliche und lässige Eleganz der Italiener. Ist sie möglicherweise mit einem historisch gewachsenen und ganzheitlichen Verständnis für alles Schöne erklärbar? In Mailand scheinen wir dem Geheimnis auf der Spur: Die Sonne sticht heiß vom Himmel, auf der Dachterrasse des von Renzo Piano entworfenen B&B Italia Gebäudes. Wir wenden uns einer hübschen, metallenen Outdoor Bank zu, etwas althergebracht in der Form. Einer seiner Lehrer hätte sie in den 1940iger Jahren entworfen, erzählt Lissoni. Das Produktionsgebäude weiter hinten wäre von Carlo Scarpa. Es fallen noch weitere große Namen der italienischen Architekturszene. Dabei seien die ganz Großen weit mehr als nur Architekten: ein Gestalter müsse mehrere Identitäten haben, ist Lissoni überzeugt. Er erzählt von den Künstlern der Renaissance, von deren universellem Ansatz, einem tiefen Verständnis für alle Aspekte des Lebens.
Der Schlüssel zu wahrer Kreativität, die Voraussetzung dafür, keinen Moden oder Kopien aufzusitzen, läge in der Erkenntnis des Zusammenhangs zwischen Tragwerk und Design, zwischen Musik und Form, dem Sichtbaren und dem Spürbaren. Überragender Schöpfergeist, der aus bekannten und gleichen Zutaten immer wieder Neues schafft, braucht genau dieses Erkennen der Zusammenhänge. Eine Denkweise, geprägt von Respekt und einer gewissen Demut, die gerade der heutigen Zeit wieder guttut.
Guter Stil braucht Mut.
B&B Italia ist einer unserer ältesten Lieferanten und ein Unternehmen, dessen Pioniergeist mich immer begeistert hat. Piero Ambrogio Busnelli hat in den 1960er Jahren mit der Einführung des geformten Polyurethan-Kaltschaums die Produktion der italienischen Sitzmöbel revolutioniert, innovative Zugänge aufgezeigt und bewiesen, dass eine technologisch orientierte Herstellung und ästhetisches Design einander nicht ausschließen. Im Gegenteil – plötzlich waren Formen möglich, die den Gestaltern völlig neue Optionen eröffneten. Und es kamen und kommen alle großen Designer ihrer Zeit. Von Ettore Sottsass über Antonio Citterio bis Patricia Urquiola.
Von B&B stammt eines der ersten großen Erfolgsmodelle für Wetscher – City von Antonio Citterio. Ein Modell, das nicht mehr am Markt ist, aber noch in vielen Wohnzimmern steht und dort mit einem ungebrochen modernen Look punktet. In derselben Liga spielen zwei Entwürfe, die ab September bei Wetscher erhältlich sein werden, worauf wir uns sehr freuen: Noonu von Antonio Citterio – benannt nach einer Insel auf den Malediven und eine Insel ist dieses Möbelstück wahrlich. Ein Zuhause im Zuhause. Die Camaleonda von Mario Bellini, ein Bestseller aus den 1970er Jahren, zeigt sich neu in Stoffen einer starken Textilkollektion, die schon klar die Handschrift von Piero Lissoni trägt.
Ganz oder gar nicht.
Nach dem intensiven Austausch mit einem Mann, der vor Ideen sprüht und ein schier unerschöpfliches Kreativpotential zu haben scheint, stelle ich mir die Frage: Wie ist das eingelöst, was Lissoni mir erzählt? Lebt der Mensch Lissoni das, was der Designer predigt? Die Antwort gibt er mir selbst. Das Streben nach Perfektionismus, die Suche nach dem Vollkommenen, treibt ihn ganz klar auch privat an. Ein ästhetisch und visuell geprägter Mensch wie er möchte nicht mit unpassenden Dingen leben. Bevor er sich falsch entscheidet, hat er lieber gar nichts, wie das folgende, unerwartete und sehr persönliche Bekenntnis zeigt. Auch einem der großen Gestalter und seiner Frau geht es nicht anders wie anderen Paaren. Jeder von uns kennt das doch: beim Einrichten gibt es immer diesen einen Gegenstand, den man oft Jahre nicht findet.
Piero Lissoni
Der Bettenkauf als bewusster Akt zwischen Lissoni und seiner Wohnung. Die kompromisslose Suche nach dem Nonplusultra. Wenn er nicht das richtige Bett findet, lässt er es lieber bleiben und setzt sich eventuellem Stress in der Beziehung aus. Das ist Konsequenz in Vollendung. Notabene: Wer sich in die Hände der Wetscher Innenarchitekten begibt, erspart sich diesen Stress. Herauszufinden, was individuell passt und jeden Raum mit dem Richtigen zu füllen, ist die Mission der Wetscher Wohnstilberatung.
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