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Das muss jetzt sein – eine Küchennovelle.

Kerzenschein spiegelt sich im Weinglas. Der noch kellerkalte Rotwein ist in der Aufwärmphase, die stärkende Suppe bereits ausgelöffelt. Familiäres Abendessen in ritueller Gemütlichkeit: Kleine Köstlichkeiten werden herumgereicht. Es wird abgewogen, wie was schmeckt und was woher kommt. Geschmacksnuancen kommen als Debatte auf den Tisch und übertreffen sich an Verbesserungen. Wenig später werden davon nur Krümel bleiben. Nach hitzigen Gesprächen, zu oft erzählten alten Geschichten und lautem, herzhaftem Lachen. Großfamilie in der Pandemie.

Genau in diesem Augenblick wird jenes Familienglück sichtbar, das wir uns immer so gewünscht haben. Leibhaftig und real prasseln tausende Likes und schnatternde Kommentare gleichzeitig in Herzen und Köpfe. Unsere Küche, unser Esstisch als eine der letzten Bastionen realer, häuslicher Gemeinsamkeit.

Die Küche als Familienmittelpunkt.

Evolutionär gesehen war die Küche schon immer viel mehr als nur der Ort, an dem Nahrung zubereitet wird. Räumlich hat sie lange das Zentrum des Geschehens eingenommen. Irgendwann wurde allerdings aus einer mittig gelegenen Kochstelle ein abgeschlossener Raum, in den Hausfrau oder Bedienstete verbannt wurden, um dort ungestört und ungesehen ihre Arbeiten verrichten zu können. In den letzten Jahrzehnten, mit dem Aufkommen von Starköchen, der ambitionierten Suche nach dem richtigen Ernährungsstil und dem faszinierenden Angebot an hochfunktionalen und begehrlichen Designobjekten für den Küchenbereich, erleben das Kochen und die Küche wieder einen wahren Boom.

Die Wertschätzung für den Platz, an dem kulinarische Ausnahmemomente kreiert werden, ist so gestiegen, dass die Küche endlich auch wieder räumlich in den Mittelpunkt des Wohnens gerückt wurde und Bühne für Geselligkeit und Genuss sein darf.

Bestandsaufnahme.

Mein Blick streift eine unschöne Fuge der Kredenz, eine sich lösende Kante am Schrank. Man sieht unserer Küche ihre vielen Arbeitsstunden an. Die einst jugendliche Frische ist ganz eindeutig in die Jahre gekommen und eine Frage liegt aktueller und brennender denn je am Tisch: Eine neue Küche – wollen wir uns das antun? All die Zeit und die Kosten, all die Fragen und Entscheidungen? Wir wüssten ja, was wir wollen. Das Aussuchen wäre bestimmt kein Problem für eine langjährige und harmonische Partnerschaft wie unsere.

Nichts scheint sicherer als unsere gemeinsame Vorstellung von Form und Farbe. Auch der Esstisch dürfte den Kindern nachwachsen und größer werden. Aber so schnell wir geistig alles geplant haben, steht auch die Sorge um Staub und Schmutz im Raum. Und wie lange müssten wir auf warmes Essen und fließendes Wasser verzichten?

Entscheidung von Herz, Bauch und Kopf. 

Die Temperatur des Rotweins stimmt mittlerweile, hinkt der Hitzigkeit der geführten Diskussion aber weit hinterher. Aber noch vor Mitternacht ist der Entschluss gefasst: Die Zeit ist reif – eine ganz neue Küche soll hier einziehen. Wann, wenn nicht jetzt?

Raus mit den hängenden Türen und klapprigen Laden. In Zukunft soll wirklich alles zusammenpassen und noch viel praktischer und geräumiger sein. Schon am nächsten Tag liegen die ersten Farbmuster auf dem Tisch.

Muss das wirklich alles so scharfkantig aussehen? Brauchen wir all die Funktionen der schicken Geräte überhaupt? Wird ein Vollholztisch geölt oder besser doch ganz zart lackiert? Raum, Fenster, Türen, Sicht- und Bewegungsachsen zwingen zur klaren Gliederung und zu einem einfachen Grundriss, der kurze Wege im Küchenalltag garantiert. 

An Farben und Materialien scheiden sich aber nun doch die Geister, auch nach vielen Ehejahren. Kenne ich diese Frau? Warum sollte das auch ausgerechnet bei mir anders sein. Dass sich hier Gräben auftun, liegt weder an Stil und Geschmack noch am Mangel an Möglichkeiten. Der subtile Grund für die Diskrepanzen ist die Tatsache, dass jeder Mensch sich in der unmittelbaren Umgebung selbst wiederfinden will. Nicht die Form eines Wasserhahns definiert uns, sondern jenes Bild, das wir von uns selbst haben und das sich in unserer Umgebung zeigen soll.

Eine saubere Wohnstilanalyse muss zur Rettung des Beziehungsfriedens her. Schließlich wollen wir auch den weiteren Abend miteinander verbringen, und zwar nicht nur am Tisch. 

Alles in sicherer Hand. 

Jetzt ist die Zeit des Wetscher Projektleiters gekommen: Mit kundigem Blick und futuristisch anmutenden Instrumenten betritt er den Ort des Geschehens. Pläne für Installateur und Elektriker werden erstellt, Zeiten und Termine abgestimmt. Praktische Erfahrung fließt in die Bestellung ein, lästige Details werden in intelligente Listen verfasst und fordernde Mails an alle beteiligten Professionisten verschickt. Und dann ist er da, der Tag der Montage – freudig erwartet, nervös empfangen.

Liebgewonnene und vertraute Möbel werden unsanft entwurzelt. Von Raum und Reue flüchtend höre ich hinter mir nur mehr die Schleifmaschine summen. Ein feuerroter Laserstrahl projiziert sich futuristisch durch den Raum. Erfreulicherweise ist nach wie vor viel handwerkliches Geschick nötig, ein so perfektes Industrieprodukt vor Ort anzupassen und aufzustellen. 

Neues Liebesglück.

Am Montag startet diese häusliche Wurzelbehandlung, am Mittwoch wollen wir aus der Narkose raus. Und so ist es nun auch. Nach nur zwei Tagen erstrahlt die alte Gewohnheit in neuem Glanz. Was für ein schöner neuer Raum. Was für ein Erlebnis, sich stilistisch wiederzufinden. Ein Rausch an Emotionen, viel mehr als eine Küche. Weise lächelnd kontrastiert der schwere Eichentisch die messerscharfen Kanten der Möbel und die Hightech-Ausstrahlung der Geräte. Ein Baum von einem Tisch und ein echtes Statement. Einladend wird er zukünftig Platz bieten für Groß und Klein, Alt und Jung zusammenführen und Abstand geben. Ein getischlertes Facebook aus massivem Altholz, Plattform für zukünftige Fest- und Fastentage. 

Wie deutlich dieser Raum in seinem neuen Outfit aufblüht – kaum zu glauben, wie gut das gelingt. Aus einem hochgestylten Prospektmodell wurde eine Küche, die wie angegossen zu uns passt. Platz für emotionale Kulinarik und jungfräuliche Kochversuche. Und auch wir als Paar sind um mindestens eine Facette reicher und freuen uns trotz neuer Küche auf vertraute Zweisamkeit im feinen Restaurant. Ganz ohne Großfamilie. 

Die sieben „goldenen“ Regeln für eine gute Küchenplanung können Sie hier nachlesen: zum Beitrag

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