Die Menschen hinter den Möbeln. Das ist sehr oft und gerade in Italien eine spannende Geschichte. Wer prägt den großen Stil, wer haftet für brillantes Handwerk? Die alte italienische Möbelmarke Cassina, bekannt für mutiges Design und alte Klassiker, bekommt endlich eine ganz eigene Ausstellung in unserem Einrichtungshaus.
Kurz vor dieser Eröffnung machen wir uns auf die Reise. Eine Suche nach der Entstehungsgeschichte dieser traditionsreichen Möbelmarke und um endlich Patrica Urquiola zu treffen. Jene Architektin, Designerin und Cassina Art Direktorin, die die wesentlichen Neuheiten unserer Ausstellung entworfen hat. Ein spanisch-italienisches Ausnahmetalent. Voller Tatendrang und Ideen und dieser feinen Wahrnehmung für Gestaltung – hier in Mailand, wo die Mode- und Möbelbranche in seltener Dichte um die Gunst der Aufmerksamkeit buhlen.
Unvergänglicher Maßstab für zeitlose Schönheit, der „Duomo“. Seine Fassade leuchtet so atemberaubend im abendlichen Sonnenlicht, als wolle sie ihre Schönheit laut hinausschreien auf die wenigen Passanten. Mailand wirkt schwer getroffen, entleert von den Massen und dem Lärm der Tagestouristen. Vorbei scheint die Zeit als in Bars und Restaurants, auf Straßen und Plätzen ein mühsames Gedränge herrschte, die tägliche Verkehrslawine das „Dolce Vita“ ausbremste.
Ich fühle mich an die Zeit meiner ersten Messebesuche erinnert – zuletzt in den frühen 80igern spazierte es sich derart vereinzelt die Straßen entlang. Auch meine Leica hat ihre Freude – Renaissance ganz ohne Rollkoffer findet sich auf den digitalen Bildern.
Die Mailänder selbst sind aufmerksamer geworden. Immer aber noch liebenswert gelassen und genüsslich verträumt, fühlen sich wohl zwischen klassischem Gemäuer und gelebter Kreativität. Immer noch beneidenswert befreit von jeglichem Anspruch auf Eile, Organisation und Struktur.
Ganz anders hier im Showroom bei Cassina, ein paar Gassen hinter dem Dom. Alles ist neu gestaltet und detailverliebt arrangiert. Alle Novitäten, die den Weg zur abgeblasenen Möbelmesse im April nicht mehr gefunden haben, stehen selbstbewusst und herausgeputzt jetzt hier.
Mit gebührendem Abstand und einem maskierten Lächeln werden wir empfangen. Wir sind die Ersten, die wiederkommen – voller Neugier und Spannung.
Patricia Urquiola zeigt mir die Neuheiten, erzählt von der Idee ihres aktuellen Sofas – schwärmt von der Sanftheit im Sitz, von den neuen Stoffen – und überhaupt sei jetzt das Analoge mit dem Digitalem zu verheiraten gewesen. Gleich hier im Schaufenster, wo ein Video im Video das Gesagte unterstreicht. Mir gefällt der Komfort und diese neue Art die Sofas zu beziehen. Der augenscheinliche und sofort spürbare Luxus ist weniger lautstark geworden. Und wie bunt sie es treiben. Farbe zieht sich großflächig durch das Studio.
Gewohnt gekonnt sind die Kombinationen von neuem Design mit den alten Meistern. Sessel und Polsterstühle von Gerrit Rietveld oder Le Corbusier stehen dicht an dicht mit den Modellen der Saison. Schließlich finden wir ein ganz gemütliches Plätzchen – ganz hinten im Schauraum, zwischen alten Säulen und dem ganz neuen blauen wunderbaren Bett, das Patricia Urquiola in diesem Jahr entwickelt hat, und von dem wir eine der ersten Auslieferungen für unsere Cassina Ausstellung bekommen.
Im Interview erzählt sie von alten Meistern und ganz neuen Ideen. Und wie sich jetzt eigentlich alles verändert hat, ihr Ansatz noch interdisziplinärer geworden ist. Vom Respekt gegenüber den Menschen und der Welt überhaupt. Warum auch Cassina jetzt (endlich) Outdoor Möbel macht und wie ihr die Idee zu ihrem Outdoor-Relax-Möbel „Trampolin“ kam.
Genau dieses stand bis vor kurzem gleich am Eingang unseres Einrichtungshauses. Ikonischer Teil der Outdoor Ausstellung, die unbedingt von der Meisterin selbst „eröffnet“ werden wollte, am 21. März dieses Jahres, was natürlich nie stattfand.
Schon während unseres Rundgangs bemerke ich zwei Techniker, die sich an einem Sofa zu schaffen machen. Als wir nach geraumer Zeit den Cassina Showroom wieder verlassen, sind sie immer noch zugange. Zwei Männer aus der Cassina Fabrik, mit Tagesbart und festen Schuhen. Bleistift und Zollstock ragen aus den Jeanshosen. Ihrem Alter nach seit Jahrzehnten mit dabei. Echte „Cassini“, die hier seit Stunden mit gewichtiger Miene über konstruktive Leisten, deren Rücksprung und die perfekte Polsterung parlieren. Zeit und Raum vergessend, am letzten Millimeter der Wahrnehmung tüftelnd, nachmessend, abwägend, eingehüllt in eine Aura absoluter Fachkompetenz.
Und ganz genau da wird er sichtbar – jener Funke, der aus einem Produkt etwas zeitlos Schönes, etwas Ganzes macht. Der Gestaltungsanspruch einer Patricia Urquiola trifft auf die kompetent-leidenschaftliche Handwerkskunst einer Firma wie Cassina. Und die daraus entstehenden Möbel bringen diesen Funken vom großen Ganzen in unsere Räume.
Spüren Sie diesem Cassina-Funken in unserer neuen Ausstellung nach. Eröffnung anlässlich unserer „Cassina Design Tage“ am Freitag, 2. und Samstag 3. Oktober. Von 9 bis 17 Uhr.